K A B B A L A

FRÜHE MORGENSTUNDE 
Der beste Augenblick um das "vom Schöpfer ausgehende Licht zu empfangen".

 

Schritt für Schritt zur inneren Harmonie
Während Generationen war die kabbalistische Weisheit ein mysteriöses Geheimnis,
das nur einer auserwählten Gruppe enthüllt wurde
.
Heute ist das Gegenteil der Fall.
VON SHARON KANON
Es ist drei Uhr morgens und die Strassen sind durch Lampen und eine Mondsichel nur schwach beleuchtet.
Eine komische Zeit also, sich zu "Bnei Baruch" zu begeben, einer Studiengruppe für die Kabbala im Tel Aviver Stadtteil Bne Brak. Die Gruppe erreicht laut ihrer Webseite "Leute in mehr Ländern als die UNO Mitglieder hat".

"Das Lernen der Kabbala verleiht Energie, man braucht weniger Schlaf", hörte ich wiederholt von Mitgliedern der Gruppe, als ich festhalte, dass ich mich  zwischen drei und sechs Uhr morgens normalerweise in Morpheus' Armen befinde. Zum Lernen der Kabbala ist drei Uhr morgens aber "Prime Time" und, laut Kabbalisten, der beste Augenblick, um "das vom Schüpfer ausgehende Licht zu empfangen". Das Wort "Kabbala" leiteit sich denn auch vom hebräischen Wort "empfangen" ab.

Im Gebäude sehe ich zu meiner Überraschung über 80 Menschen, die in der Mitte eines engen Studienzimmers rund um lange Tische sitzen. Die Gruppe der Stammgäste (schwer zu glauben, dass sie jede Nacht kommen) wächst auf über150 Leute an. Zu ihnen gehören Wissenschafter, Ingenieure, Geschäftsleute, Techniker, Computerfachleute, Künstler, Musiker und sogar zwei israelische Oscar-Gewinner.

Frauen fehlen in der Mitternachtssitzung. "Frauen haben einen spirituellen Vorsprung", sagt Rabbi Michael Laitman (55), Gründer des Zentrums an dem er unterrichtet. "Sie brauchen die Disziplin der nächtlichen Studienstunden nicht". Für Frauen gibt es jeden Freitagmorgen eine spezielle Vorlesung.

"Ohne den Unterricht könnte ich nicht leben", Sagt Semion Vinokur, ein in Russland geborener Drehbuchautor und Filmproduzent. Zu seinen erfolgreichsten Werken zählen der mit einem Preis ausgezeichnete Film "Friends of Yanna" sowie ein Dokumentarstreifen Yoni, den Helden von Entebbe, und "Nights of Kabbalah", die spirituelle Reise des Schauspielers Israel Damidov. Vinokur besuchte vor fünf Jahren zum ersten Mal eine Kabbala-Vorlesung. "Ich fand es zuerst eine gute Idee anstatt ein TV-Programm zu sehen. Doch dann blieb ich. Die Kabbala vermittelt Tiefe und eine neue Perspektive. Es setzt sich tief ins Gemüt".

 

Der "breiten Masse" zugänglich

In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen begonnen, Kabbala-Unterricht zu nehmen. Kürzlich besuchten über 700 Leute in Israel eine von "Bnei Baruch" organisierte Konferenz. Die Kabbala-Gemeinde vertieft sich nicht nur ins Lernen; viele der Studenten sind auch Lehrer, die ihr Wissen weitergeben möchten. Das bedeutet eine radikale Veränderung im Vergleich zu den Jahrhunderten, in denen kabbalistisches Wissen als Geheimnis und Mysterium nur einer auserwählten Gruppe vermittelt wurde.

"Die Kabbala ist wissenschaftlich. Sie ist für jedermann, egal ob religiös oder säkular, jüdisch oder nicht", sagt der Lehrer Nesi, der nichts von der Kabbala als Fluchtpunkt oder sicheren Hafen hält. Und Chaim Ratz, ein Computerexperte, der seine Frau an einem Kabbala-Anlass getroffen hat, fügt hinzu: "Die Kabbala setzt dich in direktem Kontakt zum Schöpfer. Sie gibt dem Leben Sinn und Richtung. Immer hat man ein Ziel vor Augen, das größer ist als man selbst." Die Gruppe in Bnei Brak nimmt an Schabbat und an Feiertagen die Mahlzeiten gemeinsam ein. Zudem stehen auf dem Programm Ausflüge, Piknicks und musikalische Anlässe, und die Mitglieder geben freiwillig 10% ihres Einkommens für Ausgaben wie Transport und die Miete von Räumlichkeiten aus. Der Unterricht ist gratis.

Viele Mitglieder der Gruppe stammen aus Russland. Michael Philipov, ein Ingenieur, der vor drei Jahren zu lernen began, las in Karmiel wo er wohnte, ein von Michael Laitman verfasstes Buch über die Kabbala. Zuerst kam Philipov an freien Tagen zum Unterricht, doch seitdem er vor zwei Jahren in die Nähe zog, kommt er täglich. "Das Leben hat nun mehr Inhalt", sagt er.

 

 

KABBALA  Tore des Wissens öffnen

Die Geschichte von "Bnei Baruch" began in den späten siebziger Jahren, als Michael Laitman, Immigrant aus Russland und Student der medizinischen Kybernetik, durch die Strassen von Bnei Brak spazierte und einen Kabbala-Lehrer suchte. An einem regnerischen Tag hörte er von Rabbi Baruch Shalom Ashlag, dem Sohn von Rabbi Yehuda Ashlag, der als "Bal Hasulam" (Herr der Leiter) bekannt war, seitdem er einen Kommentar über den "Sulam" des Sohar veröffentlicht hatte. Der aus dem 15.Jahrhundert stammende Sohar ist der wichtigste Text des jüdischen Mystizismus. Ashlag verfasste die erste Übersetzung des ganzen Sohar ins moderne Hebräisch und schrieb auch ein 16-bändiges Werk, das die Ideen des "ARI" (Rabbi Isaak Luria), des berühmten Kabbalisten aus Safed, erklärt. Baruch unterrichtete nach der Methodik seines Vaters.

Als Rabbi Laitman schliesslich ein Kabbala-Zentrum eröffnete, nannte er es "Bnei Baruch", (Söhne von Baruch) zum Andenken an den Lehrer, mit dem er zwölf Jahre lang studiert und gearbeitet hatte. "Um zu überleben", sagt Laitman, "müssen wir das ganze System der Erscheinungen verstehen. Unser Leben hängt vom Kontakt ab, den wir zu unserem Schöpfer herstellen." Der Kybernetiker macht eine Analogie: "Wir befinden uns in einer riesigen Maschine, doch wir können das Gesamtbild nicht sehen. Wenn wir die Regeln kennen -wie die Dinge funktionieren-, dann können wir sehen, wie alles zusammen spielt, und dann können wir anfangen, anderen den Weg zu zeigen.

 

Ziel ist die Harmonie

Der Lehrer von "Bnei Baruch" hat eine praktische Anschauung:
"Man braucht nicht die "Sefirot" (die zehn Attribute, auf welchen nach Ansicht der Kabbalisten alle spirituellen Objekte aufbauen) zu lernen wie an einer Universität. Das Lernen beschleunigt unsere Entwicklung, damit wir richtig fühlen können (spirituell) und praktische Taten ausführen. Die Kabbala ist kein theoretisches, sondern ein sehr praktisches Studium. Der Mensch lernt über sich selbst, was und wie er ist. Er lernt was er tun muss, um sich stufen- und schrittweise zu verändern".

Die Kabbala bezeichnet der Gründer von "Bnei Baruch" als das "Sprungbrett für Veränderungen". Das besondere an der Kabbala sei, dass sie den Menschen einen Geschmack der Spiritualität gebe. "Mit wachsender Erfahrung beginnt man, die Spiritualität dem Materialismus vorzuziehen."

Die Gruppe studiert einen kabbalistischen Kommentar über die Seele des Traktats Sanhedrin des Babylonischen Talmuds. Laitman zu den tiefschürfenden Konzepten: "Ziel ist die Herstellung einer Verbindung zum Schöpfer. Die Verbindung ist die Belohnung. Absicht und Richtung (die Leite der Spirilualitäl hinaufsteigen) sind die Schlüsselelemente". Ein wichtiges Wort im Wörterbuch der Kabbala ist "Tikun", d.h. korrigieren, reparieren, zurechtbiegen, Erhöhung der Kapazität, das Licht empfangen. Kabbala-Unterricht hilft laut Laitman, die spirituellen Gefühle zu entwickeln und zu schärfen. "Jeder Mensch hat diesen sechsten, in ihm ruhenden Sinn.Während der hohen Feiertage ist das vom Himmel herabkommende Licht besonders stark; man fühlt die Kraft des Übergeordneten. Das ist ein geeigneter Moment, eine Verbindung herzustellen."   


 

 

SAFED UND DIE KARO-SYNAGOGE
Zentrum der kabbalistischen Tradition

 

Für mehr Informationen über "Bnei Baruch"
und die Online-Kabbala-Lektionen in englischer und hebräischer Sprache
klicken Sie auf:  Über Bnei Baruch

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tachles   Jüdisches Wochenmagazin    28.09. 2001